вторник, августа 22, 2006

Neela

Vierzig Minuten lang beobachtete ich einen Schweinswal im Fernsehen. Er war richtig klasse, kein bisschen Kamerascheu und benahm sich auch sonst viel aufrichtiger und offener als professionelle Schauspieler, die üblicherweise für die Unterhaltung im Fernsehen zuständig sind. Diese Leute kriegen tierisch Kohle, erzählt man. Der Schweinswal dagegen macht es umsonst. Das wundert mich. Denn in punkto Lebensqualität steht der Schauspieler eindeutig besser da. Schweinswale schwimmen in kalten Gewässern zwischen Sylt, Norwegen und Kanada rum und müssen ständig auf ihren eigenes Leben aufpassen: Orcas, Fischer und Fischernetze, zugefrorenes Eis und noch etliche andere Gefahren lauern in ihrem Lebensraum. Schauspieler tummeln sich indessen in famosen Privat- oder Hotelpalästen, kriegen prima Essen mit viel Nachtisch und gutem Wein aufgetischt und wissen nicht einmal, wie es sich anfühlt, öfters mal von einer blutrünstigen Horde 9-Tonnen schwerer schwarz-weiß-kuhgemusterter Seeungeheur durch das eiskalte Wasser getrieben zu werden.
Zudem haben die Tierfilme recht gute Einschaltquoten, warum kommt denn dann nichts bei den an? Dutzende australische, amerikanische und europäische Filmemacher stopfen sich ihre Taschen voll mit teueren Kameras, fahren in den Wald oder in die Wüste, klettern auf Berge oder tauchen ins Meer und drehen, drehen, drehen. Dann erscheint der Schweinswal auf dem Bildschirm und demonstriert überzeugender als der letzte Oscar-Preisträger, was Sache ist.
Auch der Informationsgehalt dieser Filme gibt mehr als zehn Tatorte her. Ich weiß, wie alt ein Schweinswal werden kann und normalerweise wird. Ich weiß wie lange und ab wann ein Weibchen ihr Junges austrägt und was es isst. Ich kann die Jagdmethoden dieser Tiere aufzählen, erklären und einen Kurzvortrag über Heringsnetzte im Nordskandinavischen Raum und ihrer Gefahr gegenüber Schweinswalen halten.
Doch nichtsdestotrotz und trotz alledem ist am Ende immer der Mensch im Tierfilm derjenige, der abkassiert.